Leer werden

Mein Kopf raucht

Seit dem frühen Vormittag sitze ich heute schon am Laptop. Oder doch vor dem Laptop. Nein, dahinter. Verdammt … ich kann nicht mehr klar denken. Das liegt wohl daran, dass ich wissenschaftlich forsche. Und das Erforschte niederschreibe. Festhalte. Zitiere. Vergleiche. Mich damit auseinandersetze. Nach Möglichkeit alles belegen kann. Und es richtig – den Vorgaben entsprechend – zitiere. Striche, Klammern, Punkte und Zahlen machen mich gerade zu einem APA-Zitiervorlagesklaven (Upps! Nicht mal gegendert hab ich jetzt!) Meine eigenen Ideen sind momentan sowieso nicht gefragt. Ich darf nur „Zeugs“ (man verzeihe mir – mir fehlen mittlerweile die Worte) wiedergeben, das andere Menschen schon aufgeschrieben haben. An sich super interessant – sonst würde ich es nicht machen, aber ….

Ganz schön anstrengend!

Dabei hab ich für heute noch ein Online-Meeting mit meinen „Kinesiologie-Lehrlingen“ ausgemacht. Am Abend. Wenn deren Kinder schlafen. Einfach, um für sie da zu sein. Um uns als Gruppe wieder zu spüren. Doch wenn ich jetzt, in diesem Moment, daran denke, dann klingt das heftig. Weil ich so voll bin. Voll mit Buchstaben, Inhalten, Worten, Informationen … davon erschlagen bin. Zum Glück bin ich über eine wunderbare, bestimmt vielen bekannte Zen-Geschichte gestolpert:

Nan-in, ein japanischer Meister, empfing den Besuch eines Universitätsprofessors, der von weit her angereist war, um etwas über Achtsamkeit zu erfahren. In gewohnter Manier servierte der Meister Tee. Sorgfältig goss er die Tasse seines Besuchers voll, jedoch hörte er nicht auf weiter einzugießen, obwohl die Tasse randvoll war. Der Professor beobachtete mit großen Augen das Überlaufen, bis er nicht mehr an sich halten konnte. „Es ist übervoll! Mehr geht nicht mehr hinein!“, rief er aufgebracht. „So wie diese Tasse“, antwortete Nan-in daraufhin, „sind auch Sie voll mit Ihren eigenen Meinungen und Spekulationen. Wie kann ich Sie Achtsamkeit lehren, bevor Sie Ihre Tasse geleert haben?“ 

Zen-Geschichte

Mich in der Sonne leer machen

Und genau das mache ich jetzt auch. Mich leeren. Meinen Kopf leeren. Den Masterarbeitsaffen „Hirni“ mit dem Zitieraffen „Ghörtso“ und meinem Alltagsaffen „Husch“ spielen schicken. Im Grunde ist es mir egal, was sie jetzt tun. Und sollten sie zurückkommen und sich wichtig machen, werde ich zu ihnen sagen: „Jetzt nicht. Husch auf den Platz! Ich sorg für mich und leere meine Hirntasse aus!“

Bildquelle: https://www.pexels.com/de-de/foto/container-essen-fruhstuck-geschirr-230477/