Kann das bitte jemand anhalten?

Pinklmann – ich brauch dich!

Mit hängenden Schultern bin ich gerade in den Arbeitsraum marschiert. Vom Pinklmann. Hab angeklopft. So wie immer. Eh klar. Luft geholt. Tür aufgemacht. Bin hineingegangen. Hab ihn angeschaut und gesagt: „Kannst mich bitte kurz halten? Mein Kopfkarussell dreht sich so schnell!“

Ich halt es grad nicht mehr aus

Kaum war ich in seiner Nähe, sind die Krokodilstränen auch schon in 5er Reihen runter geronnen. Buhhhhuhhhhuuuuuuu! Auf die Pinklmannfrage hinauf, was denn der Grund sei, warum ich so heule, konnte ich nur mit: „Schluchzheulkannesnichtgenausagenheul“ antworten. Es war einfach … alles. Ich bin mit der Gesamtsituation unzufrieden und ich weiß nicht, was ich will! Das wollte ich schon fast lapidar antworten und dann ist es aus mir herausgesprudelt. Alles. Was gerade Stress macht. Die Fixkosten, die zu zahlen sind. Die vielen Online-Arbeitsaufträge, die die Studierenden voll brav abgeben und die angeschaut werden müssen und die Rückmeldungen, die ich ich ihnen nicht schuldig sein möchte.  Und meine Achtsamkeitsabende, die mir soooo fehlen. Und dass ich meinen Laptop nicht mehr sehen kann. Die schmerzenden Schultern vom stundenlangen Arbeiten vor dem Gerät. Und dass mir meine Klientinnen und Klienten abgehen. Der Austausch mit Menschen. Das Helfen können. Das Zaubern. Das Leben.

So wie es vorher war?

Nein, nicht das ganze Leben wie es vorher war. Ich will diesen Druck nicht mehr, weil ich mich frage, wie sich alles zeitlich ausgehen soll. Und auch keine 7 Tageswoche vollgestopft mit Arbeit und Studium. Nein, die will ich auch nicht mehr. Und das oftmalige Essen – irgendwo und irgendwie. Und ich will auch nicht mehr diese unzähligen Stunden im Auto – irgendwo quer durch Niederösterreich fahrend. Ich mag auch nicht mehr Menschen um mich haben, die nur lästern und sich über alles und jeden aufregen. Obwohl die meisten derer hab ich eh schon aus dem Telefonbuch gelöscht.

Ich will wieder Sicherheit spüren!

Das war das letzte, was ich sagen konnte, bevor ich das Gefühl hatte keine Tränen mehr zu haben. Mein Pinklmann hat mich gehalten. Die ganze Zeit über. Und dann hat er mir die Frage gestellt: „Wirklich? Du willst Sicherheit spüren? Wer sagt, dass sie nicht spürbar ist?“ Meine Augen hättet ihr sehen sollen! Was, bitte?! Sieht er es nicht? Die Sicherheit, auf die wir uns immer verlassen konnten, ist einfach nicht mehr da! Ich weiß es. Mein Herz sagt es mir. Und mein Kopf auch!! H.A.L.L.O.?!? Was ist mit du, Pinklmann? Und dann hat er mich mit meinen eigenen Achtsamkeitswaffen (geht eigentlich gar nicht … dieses Wort) geschlagen und zu mir gesagt:

Gedanken sind bloß ein Beschäftigungsangebot unseres Geistes, dem wir nicht zwingend nachkommen müssen.

Momentan hab ich nicht gewusst, wie ich reagiert soll. Lachen? Heulen? … Ich hab mich fürs Luft holen entschieden … Und fürs Innehalten.  … Ja, in Wahrheit stimmt es. Alle Gedanken, die sich in mir (in der letzten Tagen) breit gemacht haben, sind nur ein Beschäftigungsangebot meines Geistes. Und nein, ich muss wirklich nicht jedem Gedanken nachhängen. Hmmmm… Ich muss auch nicht ständig Berichte lesen und Nachrichten hören. Und schon gar nicht  glauben, dass mein Leben jetzt vorbei ist.  … weil es gerade anders ist als bisher …

Ich hab die Wahl

Ja, ich kann den negativen Gedanken folgen oder ich entscheide mich dafür, die Aufmerksamkeit auf meinen Atem zu richten – so wie ich es in der Achtsamkeitspraxis täglich übe. Wenn ich also das nächste Mal bemerke, dass meine Aufmerksamkeit irgendwelchen destruktiven Gedanken nachhängt, dann erkenne ich hoffentlich diesen „Magischen Moment“. Nehme hoffentlich wohlwollend zur Kenntnis, dass meine Gedanken mich unbewusst manipulieren wollten und kehre mit meiner Aufmerksamkeit zurück zu mir – zu meinem Anker – zum Atem. …hoffentlich…

Bildquelle: https://www.pexels.com/de-de/foto/abend-architektur-beleuchtet-beleuchtung-698508/