Geschenkezeit

In einem Roman hab ich mal gelesen, dass die Aborigines nicht den Geburtstag feiern, sondern Entwicklungsschritte. Sie feiern die Weiterentwicklung der Persönlichkeit. Diese Erlebnisklickahagecheckt-Momente, die das Leben auf den Kopf stellen. Aus denen ein neues ICH hervorgeht. Und wenn die Aborigines von ihrem Retreat zurückkehren, dann legen sie ihren alten Namen ab und erhalten in einem Fest einen neuen. Einen Namen, der sie ab diesem Zeitpunkt begleiten und schützen soll. Der allerdings auch die neue Aufgabe beschreibt.

Wie cool ist das denn!?! Das Alte ablegen wie eine Haut, die nicht mehr passt. Die zu klein wurde. Weil das Innere wächst und das Äußere gesprengt wurde. Ausaltmachneuunddassorichtigschönbitte!

Altes ablegen

Das machen die Schli-Schla-Tiere auch. Ich mag ja nicht mal den Namen in den Mund nehmen. Weil es mich schüttelt vor Graus. Es ekelt mich. So richtig. Schlangen. Ich hab mit denen ein echtes Problem. Die schlängeln sich überall durch. Die können sich aufrichten – ohne Hilfestellung. Die machen mit ihrer Zunge so komische Dinge. Und: Die legen das Alte einfach ab. Streifen es ab und werden auch nicht sentimental dabei. Arg. Echt arg.

Ok. Wenn ich mir was Neues kaufe, dann lege ich alte Kleidungsstücke auch ab. Irgendwo. Zuerst lange Zeit im Kasten – bis der nicht mehr zu geht. Dann in einem Sack, der zum Roten Kreuz kommen soll. Nach einigen Wochen wundere ich mich dann, was unter diesem Staubberg versteckt ist… Ein Geschenk! Nein, ich pack es dann nicht nochmals aus! Wirklich nicht. Dann bringe ich es weg. Und fühle mich so erleichtert.

Weil ich Altes loslasse

Bis ich das tu, braucht es halt Zeit.

Na gut, so ein persönlicher Umbau geht auch nicht von heute auf morgen. Schon klar. Meiner hat irgendwann vor zwanzig Jahren begonnen. Obwohl: Die ersten Pläne wurden schon vor fast 26 Jahren skizziert. Ja, für so einen Umbau braucht es Zeit. Wenn man umgebaut hat, ist es allerdings nicht vorbei! Das kann ich euch schon verraten! Weil dann gibt es diese Feinjustierungen namens Deko. Die Feinarbeit. Damit es so neu bleibt wie vorgenommen. So anders als davor. Das ist die eigentliche harte Arbeit. Weil, die Deko sind in Wahrheit deine Gedanken und Worte. Sind meine Gedanken stimmig? Drücke ich das aus, was ich meine? Was in mir ist? Sind mein Potenzial und meine Worte deckungsgleich? Oder doch nicht? Versuche ich wieder zu entsprechen? Und mache das, was die anderen von mir wollen, obwohl es nicht meinem Inneren entspricht? Oder widerspreche ich in einer Tour?

Ganz schön viele Fragen

Ich hab auch gedacht, ich muss mir, gestern, an meinem Geburtstag, an meinem Schlüpftag, viele Fragen stellen. So Fragen wie: 44 – ist das jetzt die Halbzeit?! Lebe ich wirkend? Also wirklich? Was kommt noch? Spüre ich es, das Leben? Spüre ich mich?

Ob sich eine Schli-Schla ebensolche Gedanken macht, bevor oder während sie sich häutet – nein, diese Frage hab ich mir nicht gestellt…

Während des Gesprächs mit meinen Achtsamkeitsmädels – wir treffen uns jeden Montag von 19:00-20:00 zu einer Stunde Achtsamkeit – hat es klickklick gemacht.

Die Fragen sind ganz andere!

Klar. Es ist Blödsinn sich zu fragen, ob es mit 44 die Halbzeit ist. Es kann jetzt aus sein. In diesem Moment. Das weiß jeder. Die Fragen, die ich mir stelle, sind andere:

Spüre ich, dass ich mein Potenzial lebe? Kann ich Momente erlauschen, in denen ich ICH bin? Oder vergesse ich mich im Alltagstrubel? Bin ich mir dessen bewusst, was mein Tun auslöst? (DANKE, Babs, für den selbstgemachten Kuchen!! :-* )

Wie gehe ich mit Schuhen um, die mir zu klein sind? Die nicht mehr passen, sondern nur drücken. Ertrage ich sie leidend? Schreiend? Gequält? Mit einem falschen Lächeln im Gesicht? Oder trenne ich mich von ihnen? Gebe sie dankbar weg. Und erwarte ein neues Paar?! Ein Paar Schuhe, das eventuell sogar zu groß ist. Highheels, mit denen ich erst gehen lernen muss. Bergschuhe, die mich auf hohe Plateaus bringen. Flipflops, die möglicherweise Blasen reiben – so wie die anderen 5 Paar? Lasse ich mich darauf ein, oder nicht?!

Übersetzt: Behalte ich Gedanken und Worte, die mir schaden? Verwende ich sie weiterhin, obwohl ich merke, dass sie hinderlich sind?

Immer wieder zu große Schuhe, in die du hineinwachsen wirst

Ja, das hat mir eine meiner großartigen Lehrmeisterinnen mit auf den Weg gegeben. Claudia, du wirst immer wieder zu große Schuhe bekommen, in die du hineinwachsen wirst.

Ja, manchmal machen die neuen Schuhe Angst. Manchmal beflügeln sie. Manchmal merke ich es gar nicht.

Dass die Schuhe schon wieder ausgewechselt wurden. Dass ein neuer Entwicklungsschritt ansteht. Dass ich einen neuen ClaudiaICHteil kennenlerne. Dass ich mich von alten Häuten, Schuhen, Gewandstücken getrennt habe, weil ein ent-WICK-lungs-SCHRITT passierte. Nebenbei. Im Schlaf. Beim Meditieren. Mitten im Leben. Auf der Überholspur. Im Bus. An der Tankstelle.

Jeder Tag bringt seine Geschenke mit. Man muss sie nur auspacken. Albert Schweitzer

Neue Schuhe – neuer Namen

Und ich sag euch was: Den neuen Namen hab ich schon vor einigen Monaten geschenkt bekommen. Von einem ganz entzückenden Buben, der mir ein Bild malte, während ich mit seinem Bruder gearbeitet hab. Der mir ein Geschenk machte.

Klautier

Ja, er hat Claudia geschrieben. In seiner Art und Weise. So, wie er es erlauscht hat. Klautier. Wie genial ist das!?!

Lass dir das Alte klauen. Häute dich. Entwickle dich. Ruhe danach aus. Spüre rein. Wachse in das Neue hinein. Füll es aus. DICH. DEIN LEBEN. MIT DIR.

Bildquelle: https://www.pexels.com/de-de/foto/urlaub-kreativ-festlich-event-5708963/