Unsichtbar sein

Tarnkappe

Er hatte so eine. So eine Tarnkappe. Siegfried aus dem Nibelungenlied. Er hat sich unsichtbar machen können. Herrlich. Wie oft hab ich mir in meinem Leben schon so ein Zauberding gewünscht. Wie sehr hätte ich es manchmal gebraucht. Pumuckl hatte auch so was. So was Zauberhaftes. Unsichtbar machendes. Mein Gott, was hab ich diesen Kobold mit seinen roten Wuschelhaaren geliebt. Und erst seine Geschichten. Ach ja, und die Grinsekatze. Die ist auch ein so magisches Zauberwesen. Das sich einfach im Moment aus der Situation nehmen kann. Nein, nicht möglich! Fast hätte ich sie vergessen: Die bezaubernde Jeannie. Hände kurz mal verschränkt, Augen geschlossen und ein Kopfnicken. Fertig. Weg war sie. Unsichtbar. Herrlich! Ichwilldasauchendlichkönnen!

Unsichtbar sein

Ok. Ist schon gut. Wer mich kennt, weiß, dass ein Unsichtbar sein für die Pinklfrau eigentlich nicht möglich ist. Irgendwie schaff ich das nicht. Und will es auch nicht. Wenn ich ehrlich bin. Aber es gibt so Momente im Leben, da würd das schon gut tun… Schwups und weg … einfach nicht da … Vor allem dann, wenn es brenzlig wird. Wenn Entscheidungen anstehen. Unangenehme Mails formuliert werden sollen. Wenn ich mich in grenzwertigen Situationen wiederfinde und aufgrund fehlender Alternativen, die sich in der pinklischen Gedächtnishalle einfach nicht zeigen wollen, beinahe Fehlhandlungen setze. Solche, die ich später bereuen würde. Solche, die mich in einen hinunterziehenden Strudel pressen würden. Solche, die ich in der Sekunde mit „Fehlermeldung! Kopf ab!“ retourniert bekommen würde. …da hätte ich sie gerne…

Zauberkräfte

Und wieder schüttle ich meinen Kopf und bin über mich verwundert. Wie konnte ich sie vergessen?! Übersehen?! Beiseite drängen?! Meine Zauberkräfte. Ich hab sie ja. Ach, wie ungeschickt von mir, sie an einer schlecht einsichtbaren Position geparkt zu haben. Bloß, weil ich momentan nicht im Institut tätig sein kann. Aber ja, ich hab sie. Diese Wegmachzauberkräfte. Ich muss sie bloß aktivieren. Ihnen die Möglichkeit geben sich zu zeigen. Zu entfalten. Und sie annehmen. (Das könnte die größte Herausforderung an der ganzen Übung sein).

Aus der Situation nehmen

Einfach rausnehmen. Wenn man seine Tarnkappe aufsetzt und sich ins selbstgebastelte Abstellkammerl setzt und durch die durchsichtigen Wände hindurchschaut. Oder sich in die Luft begibt. Sich mit so einem gedanklichen Praterindiehöheschießgerät in die Vogelperspektive begibt. Von oben zuschaut. Beobachtet. Die gesamte Situation wahrnimmt. Wenn man sich quasi aus dem Dotterinneren über die Eiweißschicht nach außen auf die Breitseite der Kalkschale begibt. Von außen zuschaut.  Und so viel mehr wahrnimmt, als mittendrin. Weil man die Position gewechselt hat. Weil alles auf einmal anders wirkt.

Auszeit nehmen

Manchmal ist es ganz wichtig, dass wir uns eine Auszeit nehmen. Dass wir bewusst den Kreis verlassen. Dass wir unsere Tarnkappe aufsetzen. Das heißt nicht, dass wir wichtige Informationen verpassen. Nein. Das bedeutet nur, dass wir aus Selbstmitgefühl auf uns schauen … auf unsere Bedürfnisse … und die der anderen … und die wahrnehmen (das gelingt nicht, wenn wir mitten im Sturmtief sind) … und so mit Abstand klar, fokussiert und ruhig agieren können.

Also nutzen wir doch bitte ganz bewusst und absichtlich unsere Zauberkräfte namens Jeannie, Grinsekatze, Tarnkappe, Pumuckl oder was es sonst noch gibt! Weg zu sein, heißt nicht weg zu sein. Es bedeutet bloß einen anderen Weg zu gehen, um nicht weglaufen zu müssen und dadurch für alle gut sichtbar zu sein 😉

Bildquelle: https://www.pexels.com/de-de/foto/draussen-farbe-farben-festival-632722/