Autsch, es läutet und der Herzstein


Sonnenschein. Endlich. Ein freier Vormittag. Endlich. Bett abziehen – waschen – frisch überziehen. Endlich. Zeit zum Gedanken ordnen. Endlich. Ein Telefonanruf. Ohhhhh. Herzklopfen. Soll ich abheben? Soll ich es läuten lassen? Soll ich mich verstecken? Soll ich es überhören? Hmmm…. Wie gehe ich damit jetzt um??

7x läutet es

Ganze 7x läutet es, wenn mich jemand anruft. 7x macht es kling – kling – kling – kling – kling – kling – kling. 7x. Dann ist es vorbei. Dann war ich zu langsam. Oder zu überrascht. Oder zu feig. Oder zu müde. Oder zu … ja, zu beschäftigt. Das ist der wahre Grund, warum ich normalerweise nicht abhebe! Aber jetzt gab es mal so einen Moment, da wusste ich nicht, welche Strategie ich wählen sollte. Denn mein Kopf schickte mir Bilder und Emotionen, die ich in diesem Moment nicht wirklich wollte…

Kampf? Flucht? Ohnmacht?

Ja, es gab Zeiten in meinem Leben, da bin ich geflüchtet. Da hätte ich nicht abgehoben. Auch nicht zurückgerufen. Da wäre ich bis nach Afrika gelaufen, um nicht zu kommunizieren. (Klarerweise nur gedanklich! ;-))

Dann gab es auch Situationen, da hab ich gleich gekämpft. Innerlich gekämpft. Schon vor dem Hallo. Mich in einen Grant hineingedacht. Dieser Grant war auf der anderen Seite der Kommunikation sicherlich nicht überhörbar. Naja, ich war damals sicher gut im Verbalkampf.

Und dann, ja, dann hab ich mich manchmal tot gestellt. Weil ich es auch war. Innerlich. Ich konnte nur mhm, aha, naja, eh und baba von mir geben. Vernünftige Gedanken waren auf Eis gelegt. Nicht da. Wurden auch nicht nachgeliefert. Engpass im Sortiment. Autsch!

Mit diesen 3 Strategien hab ich mich jahrelang über Wasser gehalten.

Bis eine Freundin Klartext sprach

„Claudia, ich hab die Ansage deiner Mobil-Box gehört“, sagte sie vor vielen Jahren. „So hart bist du doch gar nicht. So hart warst du früher. Aber jetzt?! Nein, du bist so weich, feinfühlig, herzlich. Wo ist die Herzlichkeit in deiner Stimme?“

Autsch! Das hatte gesessen.

Also bin ich damals die Herzlichkeit suchen gegangen… und habe zuerst nur Herzen zum Angreifen gefunden. Im Geschäft. Am Bahnhof. In der Melange. In der Wiese. Im Schotter. Mittlerweile haben wir daheim eine Herzwand. Mit Herzen aus allen Teilen der Welt und von besonderen Plätzen. <3 Und jedes Mal, wenn ich dorthin schaue, daran denke, dann lächelt mein inneres Herz.

Nach einiger Zeit war mir klar: Das, worauf du den Focus legst, das findest du auch. Also legte ich den Focus auf mich.

Ich lächle mir selbst zu

Ich begann mich anzulächeln. Vor dem Spiegel. Im Pyjama. Am Klo. Beim Einkaufen. Im ärgsten Stress. Ich schenkte mir ein Lächeln. Manchmal ein mildes. Dann wieder ein strahlendes. Auch ein übertriebenes. Es war mir egal. Ich lächelte.

Und dieses Lächeln wärmte mein Herz.  Und wärmte die anderen.

Zum Beispiel beim Einkaufen im Steinberger Spar, wenn die Damen der Wurstabteilung mein Strahlen erwidern. (Aus reiner Sympathie kauf ich mehr Wurst als eigentlich nötig. … wenn die so lieb schauen und freundlich sind… Das gehört doch belohnt!)

Ich merkte, dass dieses Strahlen auch mein Innerstes hüpfen ließ. Boing – boing – spring – ramtamtam. Und plötzlich hörte ich mich. Ich verwendete neue Worte. Andere. Liebevolle. Dankbare. Ehrliche. Stimmige. Ich hörte meine Tonlage. Meine Klangfarbe. Mit der konnte man spielen. Boing – spring – ramtamtam! Wie großartig.

Das Telefon läutet

Boing. Spring. Ramtamtam. Ich setze ein Lächeln auf. Schalte meine Augenscheinwerfer an. Schalte mein Herz ein und sage fröhlich gelaunt: „Claudia Pinkl auf der anderen Seite. Was kann ich für Sie tun?“. Ich kämpfe nicht mehr. Ich laufe nicht mehr. Ich ohnmächte nicht mehr. Ich pinkle.

Ich lass mein Innerstes sprechen. Mein Herz strahlen. Meine Stimme spielen. Meine Augen leuchten. Und ich schicke, während das Handy kling-kling-kling macht, dem anderen Ende ein Lächeln, ein Strahlen, ein Boing-spring-ramtamtam!

Und wenn ich im Garten herummarschiere und ein herausforderndes Gespräch führe, dann finde ich – wie letztens – einen Herzstein. Mitten in der moosverwachsenen Wiese. An einem strahlenden, leuchtenden, boing-spring-ramtamtam schönen Tag.

Bildquelle: privat



Zum vorhierigen Beitrag